Unsere Reise nach Liverpool war der Auslöser dieses Berichtes. Da diese Hafenstadt sich in England befindet, ist der Text mit vielen englischen Ausdrücken durchsetzt, was zu einer Steigerung des Lesevergnügens sorgen soll und möglicherweise zum Griff nach dem guten alten Dixer führen wird. Hier in alphabetischer Auflistung die ehrenwerten Teilnehmer dieses Städtetripes (Achtung! Tripes ist der erste engl. Ausdruck in diesem Zusammenhang und wer irrtümlich den französischen Dixionnaire konsultiert, wird falscherweise bei den Kutteln landen): André the Storyteller / André uf der Felge / Bruno the Uebelstorfer / Hans the Bomber / Hans-Ueli the Lastloupener / Karl the Pen / Reto the Rookie / Roberto the Italien / Thomas the Knipser / Ueli the Sealander / Werner the Clock / Zimmi the Ironfoot.

The Megaveterans

Wie in Wünnewil gibt es in Flamatt eine Truppe Dinosourier welche vom Fussballervirus befallen sind und plauschhalber regelmässig zusammen Fussball spielen. Während die Wünnewiler sich U-80 nennen, kommt diese Bezeichnung für uns in Flamatt nicht mehr in Frage, denn unser Ältester hat diese Altersgrenze bereits locker überschritten, und Pesche bewacht seinen Kasten nach wie vor wie ein giftiger Appenzellerhund seine Hundshütte. Angesichts der geballten Ladung Routine, gepaart mit dem Überschuss an Altersweisheit, kann auch die sonst übliche Bezeichnung «Superveteranen» nicht überzeugen und ich schlage vor, dass wir uns, zumindest in diesem Artikel, «Megaveteranen» nennen.

Still going strong

Jeden Donnerstag stellen wir also in Neuenegg, vom Frühling bis in den Herbst, draussen und im Winter in der Halle 2 Tore auf, laufen uns ergiebige 1 – 2 Minuten ein (manche auch länger) und spielen ein Mätschli. Dabei geht es durchaus zur Sache und der Titel dieses Berichtes (we never walk alone) hat überhaupt nichts mit unseren Bewegungsabläufen zu tun, mir chöi de im Fall schono seckle. Gespielt wird je nach Spielermaterial 5 gegen 5, resp. 4 gegen 4 oder was sonst noch für Konstellationen möglich sind. Es gelten strikte die FIVA-Regeln, wobei sich diese in unserem Fall auf den reinen Spielbetrieb beziehen und nichts mit Schmiergeld und dergleichen zu tun haben. In der Regel spielen „di Grüne“ gegen „die Angere“, wobei die Farbe nicht etwa eine Anspielung auf die Gesichtsfarben nach einer halben Stunde Vollgas ist, sondern sich auf die Überstreifer bezieht, welche sich satt über unsere Luxusbodies dehnen. Je nach Sichtweise der einen gewinnen mehrheitlich „die Angere“, nach der Zählweise der anderen fast immer «die Grüene».

Money makes the world go round

Wie bei anderen Mannschaften wohl auch üblich, hatten wir in der Vergangenheit ein rigoroses Disziplinierungssystem und dieses war dem FIVA-Grundsatz Nr. 1 unterworfen, der schlicht «Kohle machen» heisst. Jedenfalls musste für jeden Lapsus ein par Fränkli in eine gemeinsame Kasse geworfen werden. Niederlagen und Siege, rote und gelbe Karten, entschuldigte und unentschuldigte Abwesenheiten, ds früe oder ds schpät cho, am Schiri d’Charte verschtecke, an den Torpfosten seichen usw., alles hatte finanzielle Folgen und führte dazu, dass sich ein par Fränkli anhäufen konnten.

Planning is everything

Seit Jahren schon sind wir mit dem Gedanken schwanger, mal eine tolle, aussergewöhnliche und einmalige Reise zu unternehmen. Wir haben mehrere Anläufe unternommen, aber jedes Mal kam etwas in die Quere. Mal war man sich nicht einig über das Reiseziel, es gab solche welche den Familiennachzug bevorzugt hätten, was nicht finanzierbar war, mal waren die Terminkalender ein unüberwindbares Hindernis. Es gab andere, die wollten ins Grüne, kaum einer ins Theater, die einen waren Fans vom Süden, die anderen vom Norden oder weiss der Teufel von was. Manchmal war das angestrebte Ziel zu hoch gegriffen und weder Eusebio noch van Basten wollten mit uns ein Mätschli abhalten. Schliesslich warfen uns auch unglückliche Verletzungen zurück, denn wir wollten jedem vom harten Kern die Möglichkeit geben dabei zu sein. Doch nun war es soweit und Werner ist es gelungen ein überzeugendes Reiseprogramm zusammenzustellen. Aber auch diesmal verlief nicht alles fadengerade. Als wir die Reise im November 2013 buchten, in der Annahme, dass der Match wie üblich am Samstag stattfindet, war nicht anzunehmen, dass das vorgesehene Spiel von Liverpool gegen Manchester City ein absoluter Knüller sein wird. Da sich dies bereits vor etwa zwei Monaten abzeichnete, bestand das Risiko, dass das Spiel wegen seiner Bedeutung und aus TV-technischen Gründen auf den Sonntag verschoben werden könnte, was dann ja auch geschah. Wir waren also bereits anfangs Jahr gezwungen, auf gut Glück unserer Reise einen zusätzlichen Tag anzuhängen, was uns ehrlicherweise leicht gefallen ist. Nachdem wir diesen Schlungg genommen hatten, bahnte sich ein weiteres Risiko an. Liverpool musste im FA-Cup gegen den Zweitligisten Wigan verlieren, ansonsten unser ausgewähltes Spiel ausgefallen würde. Wir hofften contrecoeur -wir sind alle eingefleischte Liverpoolfans geworden – auf eine Niederlage der Reds, was zum Glück dann auch eintraf. Liverpool habe vor allem in den letzten Spielminuten mit allen 11 Spielern, das heisst inkl. seinem Gooli, ständig auf das Tor von Wigan geballert, aber keiner sein reingegangen – es gibt sie also noch, die Fussballergerechtigkeit.

Liverpool at is best

Liverpool präsentierte sich uns als ausgesprochen tolle, pulsierende und interessante Stadt. Angefangen mit dem örtlichen John Lennon Airport prägen die Beatles die Stadt von A bis Z. Für mich als hautnaher Begleiter und Fan der Fab Four kamen schöne Erinnerungen hoch, denn bei ihrer ersten Single «Love Me Do» war ich 13 Jahre alt, als 1967 ihr „Sgt. Peppers“ erschien, befand ich mich in der Stifti und erlebte den damaligen Kulturwandel haut- und haarnah mit. Aber auch sonst hat Liverpool einiges zu bieten. Eindrücklich ist der Drive, den die Stadt in der Nacht entwickelt. Alles ist auf der Strasse und die jungen Engländerinnen balancieren in ihren Higheels und viel nackter Haut durch die belebten Gassen von Pup zu Club, und dies, obschon die Bise fast so stark um die Ecken pfeift, wie sie das sonst nur in Wünnewil macht, und wir, trotz Halstüchern und hochgestellten Kragen, kalt haben.

Anfield Road

Der Match war ein absoluter Knaller. Liverpool ist nahe daran, erstmals seit 1990 wieder Meister zu werden und hat den hochstehenden Match schliesslich 3:2 gewonnen. Aber auch das Drum und Dran war ein Erlebnis. Die Begeisterung, die tolle Stimmung, die Fangesänge aber auch die Mucksmäuschenstille während den Schweigeminuten für die 96 Todesopfer, welche vor 25 Jahren bei der Hillsbrough-Katastrophe ihr Leben verloren hatten, waren eindrücklich. Und wenn das ganze Stadion «you never walk alone» singt, ist Hühnerhaut garantiert. Hier der filmische Beweis: Liverpool
Was mich persönlich besonders beeindruckt hat: Nicht eine einzige Pyro, kein Knallkörper, keine Rauchbombe und keine Saubannerzüge störten die tolle Stimmung – und bei uns verteidigen Klubpräsidenten wie z.B. der Häusler aus Basel die Unsitten unserer Pyromanen und schwafeln von angeblicher Fankultur, welche es zu erhalten gilt. Ich empfehle diesen Klubexponenten dringend, einmal einen Match in Liverpool zu besuchen und zu erleben, was gelebte, zivilisierte Fankultur ist. Auch der Abschluss war toll, wir waren zu Gast im VIP-Raum der Reds und das Essen wie der Wein waren wider Erwarten tip top, die Menükarte findest du unter den Fotos.

The end

Dieser Titel bezieht sich auf diesen Text und nicht auf die Megaveteranen vom FC Flamatt sel. Wer wieder mit Schüttele anfangen will, ist herzlich eingeladen, mal bei uns vorbei zu schauen, Nachwuchs ist sehr willkommen. Wir kicken normalerweise jeden Donnerstag in Neuenegg beim Schulhaus SKZ ab 19.00 Uhr.

Um mit einem englischen Satz zu enden, erlaube ich mir unseren Don Blatter zu zitieren:
«meik the wörld ä bötter pleice»: Blatter bei Frank A. Meyer – Giacobbo/Müller

April 2014 / K. Friedli